Im Februar 1869 gründeten Vogelfreunde in Zürich eine «Gesellschaft für Kanarienzucht». Hauptzwecke waren die «Veredelung von Kanarienvögeln» und die Beschaffung von billigem Futter. – 1875 erhielt die Gesellschaft ihren heutigen Namen, und es wurde beschlossen, eine Sammlung einheimischer Vögel und eine Fachbibliothek aufzubauen.
Protokolle und Berichte wurden in Buchform publiziert, um diese auch «denjenigen Gesellschaftern zugänglich zu machen, welche unsere Zusammenkünfte nicht besuchen können.» Dies waren offenbar viele, denn der Vorstand rügte im Jahresbericht 1895, dass sich jeweils nur 10 bis 15 von 70 Mitgliedern an den Monatsversammlungen beteiligten!
Im Bericht über eine Reise nach Arosa beklagt sich ein gewisser H.F.Z. über die mangelnde Artenvielfalt. An einem kleinen See nahe beim Hotel notiert er aber: «Hier war es, wo ich zufällig am Abend einen prächtigen Eisvogel oder Königsfischer den kleinen Fischen nachstellen sah. Wie gerne hätte ich diesen schönen Vogel in meiner Sammlung zuhause gehabt, umso mehr als auch unser Wirt an dieser königlichen Fischerei keine besondere Freude zu haben schien. Am folgenden Abend stellte ich mich mit Flinte, Pulver und Blei bereit, [aber erfolglos]».
Auch wenn es um Greifvögel ging, war der Griff zur Flinte selbstverständlich, ja vogelschützerische Pflicht. Im Jahresbericht der OGZ für 1895 steht unter Vogelschutz: «Mit Bewilligung der hohen Regierung durften vom 11. – 30. Juni Raubvögel abgeschossen werden, und es gelang unserem verdienten Mitglied [XY] in dieser kurzen Zeit 10 Sperber, 2 Habichte und 1 Flussadler abzuschiessen».
Hühnerzucht war damals ein bedeutendes Anliegen der Gesellschaft. Im Jahresbericht 1894 finden wir 3 Vorträge über Hühner; die OGZ war aber damals schon weltoffen mit einem Vortrag über Ceylon und die Weddas (Ureinwohner). Im Kapitel «Eierverkehr» steht, die Mitglieder der OGZ hätten 1894 ca. 5000 Eier verkauft. Zudem beschloss die OGZ, einige Wagenladungen italienischer Hühner zu beziehen, um sie «den hühnerbedürftigen Mitgliedern unserer Gesellschaft, als auch einem weiteren Publikum, zum Selbstkostenpreis abzugeben.»
So verwundert es nicht, dass die Delegierten der OGZ an der Generalversammlung der Schweiz. Ornithologischen Gesellschaft am 14. Mai 1893 in Luzern über die Aufnahme in den landwirtschaftlichen Verein zu befinden hatten!
Bereits damals gehörten Reiseberichte ins Programm der OGZ. Ein gewisser G.W. in Z. beschreibt eine Spritztour nach Helgoland, wobei für die Vögel zwischen St. Pauli und dem Münchner Hofbräuhaus nur wenig Platz bleibt. Immerhin berichtet er über die grossen Vogelverluste an den Leuchttürmen in Helgoland und an der Nordsee, wo während des Herbstzuges Hunderttausende von Vögeln starben. Nach Angaben des Leuchtturmwärters auf Helgoland mussten pro Viertelstunde bis zu 200 Vögel weggeräumt werden!
Bei ihrem 50-jährigen Jubiläum 1919 befand sich die OGZ in einer Krise, teilweise bedingt durch den 1. Weltkrieg. Die Beteiligung an Veranstaltungen war schwach. Eine ausserordentliche Generalversammlung am 10. Februar 1919 war nicht beschlussfähig und musste am 17. Februar 1919 wiederholt werden. Einziges Traktandum war die Frage einer Fusion mit anderen Vereinen wegen finanzieller Probleme. In der Stadt Zürich waren verschiedene andere Vogelschutzvereine entstanden, von denen sich einzelne für eine Fusion ausgesprochen hatten. Andere entschieden sich aber dagegen. So wurde die Liquidation der Gesellschaft in Erwägung gezogen. – An einer ausserordentlichen Generalversammlung im Mai 1919 wurde dann aber eine Neuorganisation beschlossen, bei welcher der Name der OGZ in «Gesellschaft für Vogelkunde, Vogelschutz und Vogelpflege» erweitert wurde.
Unter dem Präsidium von Dr. W. Knopfli profilierte sich die OGZ mit einer Eingabe an die kantonsrätliche Kommission für das Jagd- und Vogelschutzgesetz mit dem Ziel, dass vogelschützerischen Aspekten mehr Beachtung geschenkt werde. – Bemerkenswert ist der Hinweis in einem Zeitungsartikel über die Vögel der Stadt Zürich, dass die Haubenlerche ein häufiger Brutvogel im Güterbahnhof geworden sei.
Anfangs 1920 wurde ein vierteiliger öffentlicher Vortragszyklus mit Lichtbildern durchgeführt, Referent war der bekannte Ornithologe Hans Noll aus Schaffhausen. Tages-Anzeiger und NZZ berichteten darüber und waren voll des Lobes für den Referenten und die veranstaltende OGZ.
Am 75. Geburtstag (1944) zählte die OGZ fast 300 Mitglieder und verfügte über ein Vermögen von rund Fr. 5'000.00. Manche der damals aktiven Mitglieder sind auch heute noch bekannt, so Hans A. Traber (Aktuar, in jenem Jahr zum Präsidenten gewählt) und Dr. Knopfli, der nach fast 35-jähriger Mitgliedschaft zum Ehrenpräsidenten ernannt wurde. Er übernahm das im Kanton Zürich neue Amt eines Beraters in Naturschutzfragen. In dieser Zeit gingen in der Schweiz viele wertvolle Biotope verloren. So lesen wir im Jahresbericht: «Unter dem Zwang des Krieges haben die Beseitigung der Hecken und Feldgehölze und die Trockenlegung der Sümpfe ein beängstigendes Ausmass angenommen. Dazu kommen die Waldrodungen, vor allem in den Flussniederungen, die schönen Auenwälder, wo die gewaltigen Eichen stehen. Solche Vernichtungen sieht der Natur- und Heimatfreund nur mit tiefstem Bedauern.» Und weiter: «Dies .... ist auch durch den Krieg nicht völlig zu entschuldigen. Alle Einsichtigen wissen, dass unsere Landesversorgung auch hätte gesichert werden können durch bessere Ausnützung des vorhandenen Kulturlandes. Noch mehr Äcker statt Wiesen!!! Und solange man noch tausende von Tonnen besten Fruchtzuckers vergären lässt, solange noch viele Hektaren Ackerlandes mit Tabak bepflanzt werden, solange braucht man es nicht als nationale Tat zu verherrlichen, wenn unersetzliche Naturschönheiten unter den Traktor kommen.»
Am 4. April 1943 leitete Julie Schinz eine Exkursion ins Neeracher Ried, wo die 17 Teilnehmer das letzte im Kanton Zürich brütende Storchenpaar beobachten konnten. Sein Nest befand sich auf einem ausgedienten Hochkamin in Niederglatt. Auf weiteren Exkursionen wurden Wachteln, Rotkopfwürger, Wiedehopf, Heidelerche und Gelbspötter festgestellt.
Mitglieder der OGZ betreuten einst 768 Nistkästen, wobei auch aus heutiger Sicht fragwürdige Kommentare dazu fielen: «Den Kritiklosen sei ihre Freude an den Spatzen unbenommen. Wir dürfen aber nicht Hand dazu bieten, dass die Spatzen den Vogelschutz in Verruf bringen. Spatzen gehören nicht in die Nisthöhlen, sonst lasse man die Jungen vernichten (des Nachts kann man auch eines Alten habhaft werden). Im Übrigen braucht man nicht zu befürchten, dass die Spatzen aussterben werden.»
Zum 100-jährigen Bestehen der OGZ wurde am 28. September 1969 eine Schifffahrt auf dem Zürichsee durchgeführt mit anschliessender Exkursion nach Nuolen. Die a. o. Jubiläumsgeneralversammlung fand im Kollegium Nuolen statt, mit gegen 140 Teilnehmenden.
Kurz vor dem 125-jährigen Jubiläum flossen der OGZ aus Legaten und Spenden grosse Geldmittel zu, die es ihr ermöglichten, mit Fr. 120'000 Starthilfe für das Naturschutzprojekt «Marais de Damphreux» in der Ajoie zu leisten. Dies erweist sich heute als sehr gute Investition (siehe Projekt Damphreux).
Am 4. März 1994 feierte die OGZ mit einigem Aufwand das 125-jährige Jubiläum. Vorstandsmitglied Walter Leuthold verfasste eine Broschüre «Vögel im Siedlungsraum», und zum gleichen Thema wurde ein Symposium an der Uni Irchel durchgeführt.
Eine a. o. GV am 23.08.1995 bewilligte Fr. 80'000 für den Kauf von ca. 50 ha Land auf der Alp Dötra bei Olivone TI. Dies verhinderte, dass ein sehr schönes Gebiet mit wertvoller Fauna und Flora durch den Bau einer Wintersportanlage zerstört wurde (siehe Projekt Dötra).
Das 150-Jahre-Jubiläum 2019 fiel in die Zeit kurz vor der Corona-Pandemie; die geplante GV 2020 mit einem bebilderten Rückblick und eine Jubiläumsreise nach Damphreux anfangs Mai 2020 konnten leider nicht an den vorgesehenen Daten durchgeführt werden.
(Rolf Kunz und Walter Leuthold, Juli 2020)